Unabhängigkeitskrieg und Kreta

Der griechische Unabhängigkeitskrieg von 1821 bis 1829.
Teil II der Griechischen Revolution.

 Seeschlacht von Navarino
Die Seeschlacht von Navarino mit der Vernichtung der türkisch-ägyptischen Flotte durch ein britisch-französisch-russisches Geschwader entscheidet die Unabhängigkeit Griechenlands.

t arrow2 Hier zu Teil I: die Griechische Revolution.

Der griechische Unabhängigkeitskrieg

Mit dem Erscheinen von Mehmed Ali, Pascha von Ägypten und eigentlich Vasall des Sultans in Konstantinopel, im Jahr 1824 beginnt die dritte Phase der griechischen Revolution.
Ali versuchte, den Sultan zu stürzen oder die Unabhängigkeit zu erlangen, während er sich ihm vordergründig anschloss, um sich seine Gunst zu sichern. Die türkisch-ägyptische Flotte ankerte bei Pylos im Golf von Navarino, während die türkisch-ägyptische Armee, die nach französischen Maßstäben und unter französischen Offizieren reformiert worden war, damit begann, die griechische Revolution in Blut zu ertränken. 1826 fällt nach hartnäckigen Widerstand Missolunghi.

In der Zwischenzeit hatte sich jedoch das politische Gleichgewichtssystem in Europa verschoben. Die drei Großmächte Großbritannien, Frankreich und Russland konnten angesichts dieser eher unerwarteten Entwicklung in Griechenland nicht passiv bleiben. Zwar verurteilte der Österreicher Metternich den Aufstand gegen die legitime Herrschaft des Sultans, aber der neue Zar Nikolaus I. steht ihr aus orthodoxer Verwandtschaft, Türkenfeindschaft und wegen dem alten russischen Ziel, das Mittelmeer zu erreichen, positiv gegenüber. 1827 treten dann im Londoner Vertrag Großbritannien, Frankreich und Russland für die griechische Unabhängigkeit ein.

Die drei Großmächte versuchten nun den Konflikt zu beenden, ohne in militärische Auseinandersetzungen mit den Osmanen, weder zu Lande noch zur See, zu geraten. Auch wenn die Admirale der alliierten Flotte keine direkten Befehle hatten, war ihre Beteiligung an dem Zustandekommen der Seeschlacht von Navarino im Jahr 1827 nicht so ganz ‚zufällig‘.
Die Großmächte, vor allem Großbritannien, konnten eine ägyptische Vorherrschaft unter dem Einfluss Frankreichs im östlichen Mittelmeer nicht dulden, da dies das Gleichgewicht der Kräfte untergraben würde.

Schlacht von Navarino
Schlacht von Navarino

Die Abfolge der Ereignisse, wie sie sich aus türkischer Sicht darstellte, deuten darauf hin, dass die alliierten Flotten nicht nur zum Überwintern in den Golf von Navarino einliefen, sondern mit aggressiven Hintergedanken. Offensichtlich hatten sie den Schlagabtausch unter dem Vorwand eingeleitet, dass Ibrahim sich nicht an das gehalten, was vereinbart worden war, nämlich untätig zu bleiben.
Das erklärte Ziel war jedoch, die türkisch-ägyptische Flotte vom Peloponnes zu vertreiben oder zumindest zurückdrängen, was unter den gegebenen explosiven Rahmenbedingungen nicht möglich war. Es brauchte ein vielleicht nur ungeplantes Ereignis, um die Kettenreaktion auszulösen. Es folgte die Vernichtung der türkisch-ägyptischen Flotte durch das britisch-französische-russische Geschwader.

Die Seeschlacht von Navarino war ein entscheidender Wendepunkt für die griechische Revolution. Der Weg zur Unabhängigkeit der Griechen war danach kaum noch aufzuhalten, denn nun drehten sich die Interessen der europäischen Großmächte um 180 Grad zugunsten der Griechen. Der Tod des widerwilligen Zars Alexander I. und die Nachfolge durch den mehr resoluten Nikolaus I. im Jahr 1825 und später der Fall des britischen Premierministers, dem Duke von Wellington, im Jahr 1830, halfen der griechischen Sache.

Großfürst Kapoditrias wurde Regent und errichtete von Naupalia auf der Peloppones aus eine eigene, griechische Verwaltung. Ein französisches Expeditionskorps unter Nicolas Joseph Maison traf zur Verstärkung der Griechen ein und befreite Morea.
1828/1829 kommt es zu einem weiteren russisch-türkischen Krieg, welcher unter preußischer Vermittlung 1829 im Friede von Adrianopel (Edirne) beendet wird. Dadurch gewinnt Russland die Donaumündung und Griechenland als Protektorat.


Auf der Londoner Konferenz von 1830 wird das ‚Londoner Protokoll‘ am 3. Februar mit der Unabhängigkeit Griechenlands, der Vertrag von Konstantinopel und schließlich das Protokoll vom 18. Juli und 3. August 1832 unterzeichnet, in dem die Grenzen Griechenlands festgelegt wurden. Für die meisten griechischen Patrioten war jedoch klar, dass dies nur ein erster Schritt sein konnte, denn mehr als die Hälfte der griechischen Bevölkerung lebte noch außerhalb dieser Grenzen unter der Herrschaft des Sultans in Konstantinopel.

Einzug König Ottos in Nauplia
Einzug König Ottos in Nauplia.
Schon von Anfang an hatten die Griechen versucht, ein demokratisches Gemeinwesen zu errichten. Sie waren keine Räuberbande, die sich alles nehmen wollte, was sie konnte, oder ihre Gesetze nach Belieben durchsetzte, sondern sie organisierten von Anfang an eine nationale Bewegung mit einem moralischen und ideologischen Hintergrund. Andernfalls hätte sie nicht die weit verbreitete Sympathie großer Bevölkerungsgruppen in Europa und der Vereinigten Staaten für ihren Kampf gewinnen können. Schon in der ersten Verfassung hieß es, Griechenland würde all jenen Asyl gewähren, ‚die wegen ihres Kampfes für die Freiheit verfolgt werden‘.

Nach der Ermordung von Großfürst Kapodistrias wurde Otto I. von Wittelsbach als König gewählt. Griechenland erhielt zwar 1844 eine Verfassung, aber die absolutistische Herrschaft des bayerischen ‚Othon‘ endete 1862 in dessen Absetzung.
Eine weitere Folge der griechischen Revolution war die Auflösung der ‚Heiligen Allianz‘ wegen des Gegensatzes zwischen Russland und Österreich-Ungarn in der ‚orientalischen Frage‘ und den Interessen auf dem Balkan.


Die Revolution auf Kreta

Frangokastello
Das bekannte Frangokastello an der Südküste von Kreta konnte 1828 von Freiheitskämpfern genommen werden, fiel dann aber nach einer Belagerung.

Die Revolution auf Kreta wurde bereits im April 1821 ausgerufen. Die große Insel liegt ziemlich weit vom übrigen Griechenland entfernt, und daher war die Entsendung von militärischer Hilfe schwierig.
Außerdem lebte auf Kreta eine beträchtliche muslimische Minderheit, die fast ein Drittel der Bevölkerung ausmachte. Trotz dieser widrigen Umstände wurde der Beitritt zur Revolution bei Treffen mit lokalen Anführern und Würdenträgern in Sfakia angesprochen, und dort wurde der Beschluss zum Aufstand gefasst.
Die Türken reagierten, indem sie den Bischof von Kissamos hängten, andere Personen inhaftierten und die Verfolgung von Klerus und Laien in der Region fortsetzten.

Der erste größere Sieg der Aufständischen ereignete sich am 14. Juni 1821 in Chania, wo eine Einheit der Janitscharen besiegt und ihr Anführer getötet wurde.
Die Türken reagierten mit Plünderungen und Abschlachten von Zivilisten. Die Kämpfe gingen jedoch mit Siegen der Griechen im Juli 1821 weiter, aber im August kam eine mächtige osmanische Streitmacht in Sfakia an. Die Osmanen besiegten die Sfakianer und fuhr fort, Gräueltaten zu begehen und Menschen zu ermorden.
Aber der Aufstand hörte nicht auf. Dimitrios Ypsilantis ernannte auf Wunsch der Kreter Michael Komninos Afentoulief zum Generalkommandanten der Revolution auf Kreta. Trotz des Scheiterns eines Versuches, Rethymno zu erobern, erzielten die Griechen Siege in der Region von Mylopotamos sowie vor der Festung von Chania.

Petros Skylitsis Omiridis kam später auf Kreta als Vertreter der griechischen Zentralverwaltung an. Es wurde eine lokale Versammlung abgehalten, deren Ergebnis am 21. Mai 1822 die Institutionalisierung der ‚Übergangspolitik der Insel Kreta‘ war. Afentoulief, mit seinem Titel ‚Generalpräfekt der Insel‘, übernahm die allgemeine Führung der griechischen Revolution auf Kreta.

Im Mai 1822 segelte eine ägyptische Flotte aus vielen Schiffen nach Souda. Mehrere tausend Infanteristen, hauptsächlich aus albanischen Söldnern bestehend, und einige hundert Reiter, angeführt von Hassan Pascha, landeten auf der Insel.
In ihrem ersten Aufeinandertreffen mit den Griechen wurde die türkisch-ägyptische Armee in Malaxa besiegt, aber gleich danach erlagen die Griechen dem Gegenangriff der Osmanen, die bei Bewaffnung und Organisation überlegen waren.

Milatos-Höhle
Im Februar 1823 flüchteten 2.500 Frauen mit ihren Kindern zusammen mit 150 bewaffneten Männern aus der Umgebung in die Milatos-Höhle, um der Armee von Hassan Pascha, welche bei Neapoli lagerte, zu entkommen. Dieser schickte seinen Schwager Mohamed-Ali-Hushein-Bei zusammen mit 5.000 Soldaten aus, welche die meisten der Geflüchteten nach einer 22 Tage langen Belagerung töteten.

Ähnlich wie bei den internen Streitigkeiten auf dem Peloponnes kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den lokalen Anführern und Afentoulief, was zu einer Erschöpfung und Verschwendung der Kreter aus trivialen internen Konflikten führte. Der Hydraeer Emmanuel Tombazis ersetzte Afentoulief. Tombazis‘ Anwesenheit belebte die Revolution, besonders im Westen Kretas. Die Festung von Kastelli (Kissamos) wurde eingenommen.

Es folgte die Belagerung der Festung Kandanos in Chania. Dieser Sieg wurde jedoch durch den Bruch des mit den Türken getroffenen Abkommens überschattet, als Kreter viele der abziehenden Muslime angriffen und töteten. Diese verwerfliche Handlung veranlasste die Türken, den Zusicherungen der Kreter nicht mehr zu vertrauen und so waren sie nicht mehr bereit, sich freiwillig zu ergeben.
Im Juni 1823 traf eine weitere ägyptische Flotte ein und eine große ägyptische Armee mit französischen Offizieren unter Hussein Bey landete auf Kreta. Das Ergebnis war die Niederschlagung der Revolution auf Kreta.

Tombazis gelang es nicht, die lokalen Führer zu gemeinsamen Handlungen gegen den Feind zu vereinen, während es nicht möglich war, Verstärkung aus Griechenland heranzubekommen. Die Ägypter unterdrückten in der Zwischenzeit weiterhin mit großer Kraft die Revolution, als Hussein Bey gegen Messara marschierte und in Rethymno eindrang.
Im März 1824 zog Hussein nach Sfakia, welches das Herz der Revolution war. Der Fall von Sfakia ließ die Moral der Bewohner vieler Regionen zusammenbrechen, bis sie schließlich kapitulierten.
Am 12. April 1824 verließ der ‚Gouverneur von Kreta‘, Emmanuel Tombazis, die Insel. Die Revolution auf Kreta war damit beendet. Die Guerillakämpfe gegen die ägyptisch-türkischen Truppen gingen jedoch in den Bergen mit sporadischen Überfällen weiter.

Kretische Patrioten, die auf den Peloponnes geflohen waren, baten anschließend die provisorische griechische Regierung um Hilfe bei der Einnahme der Festung Imeri Gramvousa, einer kleinen Felseninsel am westlichen Ende Kretas, die nur von wenigen Wachen geschützt wurde.
Im August 1825 wurden drei Schiffe entsandt und ein paar hundert Männer gingen in Castelli (Kissamos) an Land und besetzten das Gebiet. Die wenigen türkischen Wachen von Gramvousa übergaben die Festung kampflos nach einem Täuschungsmanöver.

Hatzimichalis Dalianis
Hatzimichalis Dalianis
Die Abwesenheit von ägyptischen Truppen und dieser Erfolg ermutigten die Kreter, sich wieder zu erheben. Der Mangel an Organisation und Einigkeit unter den Aufständischen verhinderte jedoch, dass wirkliche Fortschritte erzielt werden konnten.
Die griechische Regierung konnte nur begrenzte Verstärkungen bereitstellen, während der Gouverneur von Kreta, Mustafa, ein hartnäckiger Gegner war. Nach dem Fall von Messolonghi auf dem Festland folgten Niederlagen und weitere Enttäuschungen. Trotz aller Bemühungen, sowohl der Kreter selbst als auch der griechischen Regierung, war es nicht möglich, einen entscheidenden Sieg auf Kreta zu erringen.
Im Januar 1828 erfolgte nochmals eine Landung auf der Insel durch den Epiroten Hatzimichalis Dalianis mit 700 Mann. Im folgenden März nahmen sie Frangokastello, eine Burg an der Südküste in der Region Sfakia, in Besitz. Bald griff der osmanische Gouverneur von Kreta, Mustafa Naili Pascha, Frangokastello mit einer Armee von 8.000 Mann an. Die Burg fiel nach einer siebentägigen Belagerung und Dalianis kam zusammen mit 385 Männern ums Leben.


BESTE PAUSCHALREISEN NACH KRETA:

König Otto von Griechenland
König Otto, erster König von Griechenland.
Der spätere Versuch von König Ludwig von Bayern, für seinen zweiten Sohn ‚Othon‘ als König von Griechenland die Grenzen des neue entstandenen Staates nach dem Londoner Protokoll vom 3. Februar 1830 auf die Linie Arta – Volos, mit dem Distrikt von Akarnania und den Inseln Kreta und Samos zu erweitern, war nur teilweise erfolgreich.
Die europäischen Großmächte lehnten die Annektion von Kreta und Samos durch Griechenland ab, da mit dem Widerstand des Sultans in Konstantinopel zu rechen war. Im Falle Kretas kamen noch Komplikationen hinzu, da der Ägypter Mehmed Ali Ansprüche darauf stellte, welche zu dieser Zeit auch von Frankreich und Großbritannien unterstützt wurden.

Moni Arkadi
Das Kloster Arkadi mit seiner Kirche ist Kretas Nationalheiligtum.

1862 musste König Otto von Griechenland zwar abdanken, aber trotz klammer Kassen finanzierte er vom bayerischen Exil aus 1866 mit seinen gesamten Jahreseinnahmen eine Waffenlieferung an die Kreter, die sich wieder im Aufstand gegen die osmanische Herrschaft befanden. Dieser Aufstand scheiterte ebenfalls und sein Wahrzeichen ist heute das damals belagerte Kloster Moni Arkadi bei Rethymno und der 8. November ein Nationalfeiertag auf Kreta.

So musste Kreta bis 1898 auf seine Unabhängigkeit warten und der Anschluss an Griechenland erfolgte erst nach dem Ersten Balkankrieg im Jahr 1913.


Quellenangaben und Literatur

dtv-Atlas Weltgeschichte (Band 2 – Von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart)
THE GREEK REVOLUTION OF 1821: The Transition from Slavery to Freedom (Vassilios Moutsoglou)
The Greek Revolution: A Critical Dictionary (Paschalis M. Kitromilides)
Die Unabhängigkeit Griechenlands (Ruben Ygua)


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